„Das blaue Haus“ - so nannte Sohn Manuel als Kind den Eingangsbereich seines neuen Zuhauses. Im Alter von 5 Jahren wurde er als Pflegekind von Wolfgang und Johannes aufgenommen. Aktuell macht der 21-jährige eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner und verbringt viel Zeit mit seiner Freundin Cheyenne.
Wolfgang, gelernter Goldschmied, bastelt und werkelt auch heute noch gerne in seiner Werkstatt, während Johannes hingegen Landschaften malt. Beide verbindet das Interesse für Kunst.
An der Hochschule Hannover realisierte Wolfgang als Lehrender und ehemaliger Sozialarbeiter viele kreative Projekte mit den Studierenden.
2021 traten beide in den Ruhestand. Mit kleinen Fahrradtouren, z.B. zum Einkaufen, halten sich Wolfgang und Johannes fit. Ihr Wohnmobil wollen sie in den nächsten Jahren wieder öfter benutzen.
39 Jahre sind Wolfgang und Johannes bereits ein Paar. Als all ihre Freund*innen in den 80er Jahren heirateten, beschlossen die zwei einfach auch „zu heiraten“, auch wenn dies rechtlich damals nicht möglich war. 2001 ließen sie ihre Partnerschaft eintragen und erst 2017, durch die Öffnung zur Ehe für alle, konnten die Männer sich offiziell das Ja-Wort geben.
Sichtbar als schwules Paar in der Öffentlichkeit aufzutreten und wahrgenommen zu werden war nicht immer einfach. Als Sohn Manuel im Alter von 5 Jahren Teil der Familie wurde, waren die drei oft verwirrten Blicken und Fragen, z.B. nach „der Mutter“ ausgesetzt.
Jedes Jahr feiert Manuel mit seinen Eltern seinen ganz persönlichen Feiertag - den Tag an dem er zu Wolfgang und Johannes kam. Die drei besuchen dann oft ihr lieblings Restaurant und reflektieren ihr Familienleben beim Durchstöbern alter Fotoalben.
Als angehenden Landschaftgärtner kam Manuel der Tausch mit dem Nachbarn, seinen Rasen zu mähen und dafür dessen Garage nutzen zu dürfen, sehr entgegen. Sein Vater Johannes hat den eigenen Garten zu seinem Projekt gemacht und versorgt die Famiele mit frischem Gemüse.
„Das Füße-Massieren ist unser persönliches Ritual.“ erzählen die beiden. Anhand einer Fußmassage merkt Wolfgang auch wenn ein Gespräch intensiver wird - Johannes „kratzt dann immer so“.
Früher hatte Wolfgang schulterlange Haare, seit er junger Erwachsener war trägt er sie aber kurz. Er wurde oft für eine Frau gehalten. Mittlerweile rasiert er sich selbt, mit Hilfe von Johannes, die Haare kurz. Sein Mann geht seit Jahren zum gleichen Stammfriseur.
„Uns fiel es anfangs schwer unser `schwules Leben`in Köln aufzugeben. Wir hatten Angst vor der Spießigkeit.“ Mittlerweile geniesen die zwei das Leben in ihrer Doppelhaushäfte z.B. beim gemeinsamen Tatort Gucken.
Die Nachbarsgrundstücke werden geteilt, Häuser werden abgerissen und neu gebaut - es wird eng in Wolfgangs und Johanes' Nachbarschaft. Seit 25 Jahren wohnen sie in ihrem Haus in Hannover. Genau wie ihre Beziehung hat sich auch ihr Heim mit der Zeit verändert.